Lieber
Heiliger Vater,
schon
lange wollte ich Ihnen schreiben, verschiedenste Anlässe habe ich
verstreichen lassen, ich hätte Ihnen zum Geburtstag und zum Jubiläum und zu
allen möglichen Gelegenheiten schreiben können, und habe es nicht getan. Heute
nun ergreife ich die Gelegenheit, um Ihnen zu sagen, wie sehr Sie mich
beeindrucken, wie sehr Sie mich faszinieren und wie Sie mein Herz zum
Überlaufen bringen.
Aufgewachsen
in einem hinreichend christlichen, aber nicht äußerst katholischen Umfeld, war
ich als Kind und Jugendliche sehr geprägt von der Kirche in Deutschland. „Wir“
verehrten Ihren Vorgänger, den Seligen Johannes Paul II., und waren in seinen
letzten Lebensmonaten besorgt, wie es wohl mit der Kirche nach seinem
Pontifikat weitergehen würde. In diesen Monaten begann ich zum ersten Mal, mir
Gedanken darüber zu machen, wer sein Nachfolger werden könnte, aber ich kannte
natürlich nicht die Quellen, denen ich hätte vertrauen können. Aus mir nicht
nachvollziehbaren Gründen überlegte ich mir, dass doch der nächste Papst
vielleicht Deutscher sein könnte und aus mir ebensowenig nachvollziehbaren
Gründen kamen sofort Sie mir in den Sinn. In meinem eher liberalen Umfeld waren Sie bekannt
als ein sehr konservativer Kardinal, der nicht unbedingt ein „Kardinal für’s
Volk“ war. Irgendetwas in mir hat mich bewogen, Sie besser „kennenzulernen“,
ich habe mir Bücher von Ihnen besorgt und habe dort einen intelligenten,
tiefgläubigen Menschen entdeckt. Schritt für Schritt empfand ich immer mehr
Sympathie für Sie.
Und
dann starb Johannes Paul II. Er, der kurz nach meiner Geburt zum Papst gewählt
wurde, der also praktisch der einzige Papst war, den ich kannte, der so etwas
wie „mein Papst“ war. Sie hatten die Verantwortung für dieses wunderbare
Requiem – und das Konklave begann. Und ich begann, mitzubeten und mitzuhoffen.
Schließlich
kam jener 19.April 2005. Ich erinnere mich genau: ich war noch im Labor und das
Internet meldete, dass weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle aufsteigen
würde. Ich begann zu rechnen, es würde mir nicht reichen, nach Hause zu fahren
und versuchte, einen Livestream zu finden, den ich auch fand, der aber nicht
sehr stabil war (da vermutlich so viele Menschen live dabei sein wollten). So
saß ich also an der Uni im Labor, umgeben von lauter nicht gläubigen Kollegen
und wartete. Als Kardinal Estevez auf den Balkon trat, um uns die große Freude
zu verkünden, war ich höchst gespannt und als er bei „….Josephum….“ war, war
ich mir sicher, dass nur noch „Ratzinger“ folgen konnte – und ich sollte recht
behalten. Meine Freude war wahrhaftig riesengroß.
Lieber
Heiliger Vater, und dann traten Sie auf den Balkon und Ihre ersten Worte, dass
Sie ein einfacher und bescheidener Arbeiter im Weinberg des Herrn seien und im
Vertrauen auf die immerwährende Hilfe unseres Herrn voranschreiten, brachten in
mir viele Saiten zum Schwingen.
Diese
Saiten haben nicht mehr aufgehört zu Schwingen. In den über sieben Jahren Ihres
Pontifikates hatte ich die große Freude, Sie zum Weltjugendtag in Köln und bei
Ihren Deutschlandbesuchen „sehen“ zu dürfen.
In
meinem Glaubensweg sind Sie nun schon lange zu „meinem Papst“ geworden, zu
„meinem geliebten Heiligen Vater“ (auch, wenn man so etwas im Deutschen
vielleicht nicht so ausdrücken würde). Ich danke Ihnen herzlich für Ihren
Einsatz für uns, für unsere Kirche, für unseren Herrn und Gott. Ich danke Ihnen
für das leuchtende Vorbild, das Sie sind, ich danke Ihnen für Ihre klugen
Worte, die mich oft im Innersten berühren, ich danke Ihnen für all Ihr Sein,
das Sie ganz dem Herrn übergeben haben.
Mein
geliebter Heiliger Vater, ich bete weiterhin für Sie und bitte darum, dass Sie
unserer Kirche noch lange in Gesundheit und Schaffenskraft, mit Ihrer
Intelligenz und Demut erhalten bleiben, dass Sie viele Menschen auf den Weg zu
unserem Gott bringen können, dass Sie unsere Kirche weiterhin in Weisheit und
Weitsicht leiten können.
Mein
größter Wunsch ist, Sie einmal wirklich „live“ treffen zu können und von Ihnen
gesegnet zu werden (Ich denke, dass dieser Wunsch sich vermutlich nicht erfüllen
wird; darum baue ich dann darauf, ihn in der Ewigkeit erfüllt zu bekommen).
In großer
Dankbarkeit und tiefer Zuneigung,
chiqitac
Lieber Heiliger Vater,
AntwortenLöschendiesen Brief unterschreibe ich gerne als "Trittbrettfahrer".
MERCI an die Autorin.